ICH-BEWUSSTSEIN und Weltgeist

 

Sigmund Freud: Ein Strukturmodell der Psyche

 

Freud erforschte zunächst die Hypnose und deren Wirkung, um psychisch kranken Personen zu helfen. Später wandte er sich von dieser Technik ab und entwickelte eine Behandlungsform, die auf freier Assoziation und Traumdeutung beruht, um die seelische Struktur des Menschen zu verstehen: die Psychoanalyse. Als offensichtlichstes Beispiel einer Fehlleistung erkannte er den sog. „Freud’schen Versprecher“, der nach ihm benannt wurde. Personen, die ein seelisches Problem haben, nennen es oft unbewusst und versehentlich beim Namen, indem sie sich versprechen.

 

Um zu erklären, wie die menschliche Psyche funktioniert, entwickelte Freud eine damals ungewöhnliche Technik, bei der er seine Patienten frei assoziieren ließ. Sie mussten schnell und ohne zu überlegen Worte sagen, die ihnen gerade einfielen. Bei der freien Assoziation werden unbeabsichtigt Begriffe ausgesprochen, die auf den Grund der psychischen Erkrankung hinweisen. Die Ergebnisse werden hermeneutisch (textauslegend) gedeutet. Aus diesen Beobachtungen heraus entwickelte Freud die Idee einer dreiteiligen psychischen Struktur.

 

Freuds Vorschlag zufolge setzt sich die Struktur der menschlichen Psyche aus drei Teilen (Instanzen) zusammen: dem Es, dem Ich und dem Über-Ich. Er vertrat die Ansicht, dass etwa 90 % aller menschlichen Entscheidungen unbewusst motiviert sind und nur ein geringer Teil bewusst getroffen wird. Im Laufe seiner Forschungen veröffentlichte Freud verschiedene topische Modelle („Lagepläne“) über die Struktur und die Dynamik des psychischen Apparates. Sein „Strukturmodell der Psyche“ entwickelte er in zwei Schritten.

 

In der ersten Topik unterschied er das kleinere Bewusste vom größeren und einflussreichen Unbewussten und legte dar, wie das Unbewusste das Bewusstsein beeinflusst. In der zweiten Topik, die er hauptsächlich in seiner Schrift „Das Ich und das Es“ (1923) entwickelte, beschrieb er erstmals seine Theorie über das Es, das Ich und das Über-Ich. Den Begriff „Es“ übernahm er von Georg Groddeck, dem Wegbereiter der Psychosomatik, allerdings mit einer anderen Bedeutung. Das Es tritt bei Freud an die Stelle des Unbewussten. Es bildet das triebhafte Element der Psyche und kennt weder Negation noch Zeit oder Widerspruch.

 

Mit dem Es bezeichnet Freud jene psychische Struktur, in der die Triebe (z.B. Hunger oder Sexualtrieb), Bedürfnisse (z.B. nach Anerkennung) und Affekte (z.B. Neid, Hass, oder Liebe) gründen. Die Triebe, Bedürfnisse und Affekte sind Muster (psychische Organe), mit deren Hilfe wir weitgehend unbewusst wahrnehmen, und die unwillentlich unser Handeln leiten.

 

Das Ich ist ein Randgebiet des Es und bezeichnet jene psychische Instanz, die zwischen den Ansprüchen des Es, des Über-Ich und der sozialen Umwelt vermittelt, und zwar mit Hilfe des vernünftiges und selbstkritischen Denkens sowie kritisch-rational gesicherter Normen, Wertvorstellungen und Weltbild-Elementen. Das Ziel ist es, psychische und soziale Konflikte konstruktiv aufzulösen (= zum Verschwinden zu bringen).

 

Die Funktionen des Ich sind: Denken, Erinnern, Fühlen und Handeln (Ausführen von willkürlichen Bewegungen). Das Ich vermittelt zwischen den impulsiven Wünschen des Es und den Ansprüchen des Über-Ich. Es sucht nach rationalen Lösungen und ist zum größten Teil bewusst.

 

Das Über-Ich schließlich ist jene psychische Struktur, in der die Handlungsnormen, Ich-Ideale, Rollen und Weltbilder gründen, die aus der Erziehung und kulturellen Umwelt verinnerlicht wurden. Es ist das Gewissen, die moralische Instanz, Träger von Wertvorstellungen, Geboten und Verboten der Eltern und Lehrer. Subjektiv empfundene Autoritäten dienen ihm als Vorbild. Als Gegenpart zum Es besitzt es genaue Vorstellungen von Gut und Böse.

 

Sowohl das Ich als auch das Über-Ich sind aus dem Es entstanden, wobei dem Über-Ich die Verdrängung von triebhaften Vorstellungen aus dem Es zugeschrieben wird. Das Über-Ich beurteilt auch die Gedanken, Gefühle und Handlungen des Ich.

 

Das Über-Ich entsteht mit der Auflösung des Ödipus-Komplexes etwa im 5. Lebensjahr. Das menschliche Verhalten bezieht seine Motivationen hauptsächlich aus dem unbewussten Konflikt zwischen den triebhaften Impulsen des Es und dem strengen bewertenden Über-Ich. Aus dieser Triebdynamik entstehen auch die Konzepte zur Abwehr und Sublimierung sowie manche Aspekte der Gesellschaft.

 

Die Entwicklung der Psyche verläuft nach folgendem Muster: Nach den ersten Lebensmonaten erfährt ein Neugeborenes immer deutlicher, dass es von Dingen und anderen Menschen unterschieden ist. Es entwickelt ein erstes Bewusstsein von den eigenen Körpergrenzen und Selbstgefühlen. In den folgenden vier Lebensjahren konstituiert sich sein Selbstbewusstsein (vorsprachlich und deshalb unbewusst) in der Auseinandersetzung mit den Fragen: „Wer bin ich?“ und „Was kann ich?“

 

Um das Es herum wird eine Zone aufgebaut, die Freud als „frühes Ich“ bezeichnet. Das frühe Ich umfließt das Es wie eine Hülle und besteht aus den ersten Körper- und den Selbstrepräsentanzen, also den kindlich grundgelegten Bewusstseins- und Gefühlsinhalten über Körperbereiche und die eigene Person. Es bestimmt unseren Sozialcharakter sowie alle später erworbenen Selbstvorstellungen (wer wir sind, was wir fürchten und erhoffen, was wir uns zutrauen) auf unterschiedliche Weise mit.

 

C.G. Jung: Ein totalpsychisches System

 

Freuds Schüler, der Schweizer Psychiater C.G. Jung, erweiterte das individuelle Persönlichkeitsmodell seines Lehrers und stellte es auf eine kollektive Basis. Aufgrund seiner Forschungen entwickelte C.G. Jung die Bewusstseinspyramide, ein totalpsychisches Modell, das wie ein Eisberg aussieht, dessen Spitze aus dem Wasser ragt.

 

Es ist in fünf Schichten unterteilt: Ganz tief unten befindet sich das biologische Bewusstsein. Es fußt in biochemischen Prozessen, die nur selten vom Bewusstsein registriert werden. Darüber liegt das kollektive Unbewusste, das als Sinn oder Bedeutung ins Bewusstsein gelangen kann, und zwar in Form der Archetypen.

 

Das persönliche Unbewusste ist die Schicht darüber, sie enthält persönlich Vergessenes und Verdrängtes. Das Bewusstsein tritt in der nächsten Schicht auf und befindet sich quasi über Wasser. Nur die Spitze des Eisbergs enthält das reflektierende Ich.

 

Jochen Hinz: Ein ganzheitliches Modell der Psyche

 

Dieses Modell wurde von dem Braunschweiger Psychologen Jochen Hinz zu einem ganzheitlichen Modell erweitert, indem er die Zeit mit integrierte. Hinz stülpte noch ein zweites Dreieck auf die Bewusstseinspyramide, so dass sich ihre beiden Spitzen berühren und das Ganze so aussieht wie eine Eieruhr.

 

Das untere Dreieck repräsentiert die Vergangenheit, das obere die Zukunft. Die Gegenwart liegt in der Mitte, dort, wo sich die beiden Spitzen berühren. Dort ist auch das Ich angesiedelt, das aber nicht mehr von der Vergangenheit durch die Gegenwart in die Zukunft getrieben wird, sondern aufgrund der kollektiven Anteile der Psyche einen ruhenden Standpunkt einnimmt, so dass die Zeit durch das Ich hindurch fließt, von der Zukunftsseite her zur Vergangenheitsseite. Zeit fließt durch das Ich wie durch einen Trichter.

 

Das obere Dreieck (die Zukunft) enthält weitere fünf Felder: Unten wieder (in umgekehrter Reihenfolge) die Spitze des Ich, darüber das Bewusstsein, darüber das persönliche Unbewusste. Dann folgt das überindividuelle Unbewusste, dieses enthält die Prototypen für zukünftige sinnhafte Gestaltungen, zum Beispiel den Zeitgeist. In diesem Bereich können sich Prägkognitionen oder Visionen ereignen. Ganz oben liegt das transzendentale Wissen, der nie bewusst zu machende Teil des überindividuellen Unbewussten.

 

Durch das überindividuelle Unbewusste sind die Individuen aufgrund ihrer Ziele miteinander verbunden (causa finalis: Wirkung von der Zukunft her), während sie im kollektiven Unbewussten von der Vergangenheit her archetypisch verbunden sind (causa materialis). Hier wird Erkenntnis extrahiert, und zwar mit apriorischen Erkenntnismechanismen, die dann ins Bewusstsein gelangen und so aussehen, als seien sie aus der Zukunft eingefallen: „Heureka, ich hab’s gefunden!“

 

Hegels Weltgeist

 

In den Vorlesungen, die Hegel regelmäßig in den Jahren 1822 bis 1830 in Berlin über die Philosophie der Weltgeschichte hielt, leitete er seine Geschichtstheorie wie folgt ein: „Die Philosophie der Geschichte ist nichts anderes als eine denkende Betrachtung der Geschichte." Weil die Vernunft die Welt beherrscht, so Hegel, lässt sich auch der Verlauf der Weltgeschichte als vernünftig bezeichnen. Diese Auffassung ist erforderlich, um die Geschichte angemessen zu verstehen und sie nicht als Trümmerhaufen sinnloser Handlungen anzusehen.

 

Die Philosophie ist berechtigt, diese Vernunftgemäßheit zu behaupten, weil sie selber die Vernunft in Aktion darstellt. Insofern entdeckt die Vernunft - in Form der Philosophie - in der Geschichte sich selbst bei der Arbeit. Dies besagt zugleich, dass die Philosophie als Fach die Betätigung ihres Inhaltes ist: Die Philosophie repräsentiert die Vernunft und ist sich selbst das Material, das sie verarbeitet.

 

So bringt sie im geistigen Universum der Dinge und der Weltgeschichte die Voraussetzung und den Endzweck selbst hervor. Die Philosophie beweist mithin, dass es letztlich das Denken ist, das sich in der Welt und ihrer Geschichte offenbart. Somit lässt sich dieses beim Betrachten der Weltgeschichte voraussetzen.

 

In der Geschichte kommt der Weltgeist zu sich selbst. Die Frage, was die Realisierung der Vernunft in der Welt bedeutet, ist für Hegel identisch mit der Frage nach dem Endzweck der Welt und nach dessen Realisierungsmöglichkeiten. Hegel unterteilt seine Darstellungen in drei Abschnitte: a) das Wesen der Vernunft / des Geistes, b) die Mittel des Geistes zur Realisierung seiner Idee, c) der Staat als Gestaltwerdung der realisierten Idee.

 

a) Während die Materie die Eigenschaft der Schwere hat, ist Freiheit das Wesen des Geistes. Die Materie hat ihren Mittelpunkt und ihre Substanz außer sich. Der Geist ist das Bei-sich-selbst-Sein bzw. die Freiheit, wobei diese Freiheit auch als Selbstbewusstsein, als Bewusstsein von sich selbst, verstanden werden kann.

 

Von der Weltgeschichte sagt Hegel nun, dass sie die Darstellung des Geistes ist, wie er sich das Wissen dessen, was er an sich ist, erarbeitet. Sie ist „Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit". Durch diesen Endzweck der Geschichte, der in der Bewusstwerdung der Freiheit besteht, sind auch alle Opfer begründet und gerechtfertigt, die im Lauf der Zeit gebracht worden sind. Da Gott das Vollkommenste ist, ist dieser Endzweck gleichzeitig identisch mit dem, was Gott mit der Welt will.

 

b) Bei der Frage nach den Mitteln, die der Geist zur Realisierung seiner Ideen einsetzt, verweist Hegel auf die geschichtlich handelnden Menschen, deren Bedürfnisse, Leidenschaften und Interessen als Triebfedern des historischen Verlaufs erscheinen. Interesse für eine Sache und Identifikation mit einem Konzept sind die zentralen Motive für das Handeln der Menschen, und da wahres Interesse kaum ohne Leidenschaft denkbar ist, kann Hegel sagen, dass nichts Großes in der Welt ohne Leidenschaft vollbracht worden ist.

 

Die Fülle des Wollens und des Handelns der Menschen ist das Werkzeug und das Mittel des Geistes, der in der Weltgeschichte seinen Zweck realisiert. Hegel hebt die Bedeutung besonderer Menschen hervor, der "welthistorischen Persönlichkeiten", in deren Vorstellung sich die jeweils nächste Stufe der Welt schon abzeichnet. Deshalb werden sie zu Führern breiter Schichten, die ihrerseits ein Gefühl für den welthistorischen Auftrag dieser "Geschäftsführer des Weltgeistes" entwickeln.

 

Als Beispiele nennt Hegel Alexander, Cäsar und Napoleon. Das Schicksal dieser Personen ist selten glücklich, sie verfolgen rücksichtslos ihre Ziele. Haben sie jedoch ihren Zweck erfüllt, geht die Geschichte über sie hinweg. Hegel nennt das die "List der Vernunft", der die Individuen mit ihren Leidenschaften und begrenzten Zielen geopfert werden.

 

c) Der subjektive Wille des einzelnen, geschichtlich handelnden Individuums findet nun im Staat etwas Allgemeines, Objektives, Wesentliches: „ein substantielles Leben". Der Staat mit seinen Gesetzen und Institutionen ist das „sittliche Ganze", in dem das Individuum seine Freiheit genießt.

 

Das sieht Hegel allerdings nicht so, als würde dem Individuum im Staat ein eigener kleiner Raum für die Realisierung seiner Freiheit gewährt. Vielmehr stellen für Hegel Recht und Staat die Realisierung der Freiheit dar. Insofern zum Staat auch das Land und seine geschichtliche Vergangenheit gehören, stellt der Staat eine "geistige Gesamtheit" dar, an der die Individuen teilhaben.

 

Ein solcher Volksgeist ist selbst wieder nur eine isolierte Erscheinung, eine einzelne Stufe im weltgeschichtlichen Gang, in dem der Geist seine Wahrheit, das Bewusstsein über sich selbst, erlangt. Die welthistorischen Volksgeister als die einzelnen Stufen hervorzubringen ist der Drang des Weltgeistes, der erst am Ende dieses Prozesses zum vollen Bewusstsein seiner selbst kommt.

 

Die Weltgeschichte, so Hegel, ist ein ungeheures Gemälde von Veränderungen und Taten. Es entstehen unendlich viele Völker, Staaten und Individuen in ewiger Reihenfolge. Das Auffallendste, was sich bei Betrachtung der Weltgeschichte ergibt, ist die Veränderung überhaupt. Doch dabei meint man meist eine Veränderung im negativen Sinne, wie z.B. den Untergang herrlicher Kulturen (Ägypten zur Zeit der Pharaonen, Griechenland mit seinen Philosophen).

 

Hegel legt jedoch Wert darauf festzustellen, dass aus jedem Untergang etwas Neues hervorgeht: Aus Leben wird Tod, aber aus Tod wird wieder Leben. Genauso verhält es sich mit dem Weltgeist, denn dieser geht jedes Mal verjüngt aus dem Untergang einer Kultur hervor. Er wechselt nicht nur einfach seine Hülle, sondern er wird reiner, verarbeitet sich selbst und verändert sich auf diese Weise.

 

Welche Kraft dieser Weltgeist besitzt, erkennt man in der Vielfalt seiner Produkte und Bildungen, sprich in der Vielzahl verschiedener Kulturen. Ein Volk ist dann am weitesten entwickelt, wenn es den Gedanken seines Lebens und Zustandes, die Hintergründe seiner Sittlichkeit, seines Rechts und der Gesetze erfasst, denn diese Einheit ist derart, dass der Weltgeist in ihr mit sich sein kann.

 

Geht ein Volk unter, so behält der Weltgeist das, was wesentlich daran war: das Allgemeine. Eine Kultur geht dann unter, wenn sich neue Prinzipien in ihr entwickelt haben, nach denen ein neues Volk entsteht. Man kann also sagen, dass in der Geschichte die Prinzipien als Volksgeister vorhanden sind. Die höhere Bestimmung der Volksgeister ist ihre Negation. Hegel meint damit die Vernichtung der vorhergehenden Kultur unter Beibehaltung der positiven Seiten.

 

Der Geist der jetzigen Welt ist also das Ergebnis von 6.000 Jahren Entwicklung, meint Hegel. Das wiederum bedeutet: Die Weltgeschichte ist die Arbeit des Weltgeistes, in der man sehen kann, je nach Überleben und Untergang der Völker, wie er sich seine Erkenntnisse erarbeitet hat, und vor allem, was er ist. Die Einteilung der Philosophie erfolgt nach dem Gang des Geistes durch Raum und Zeit.

 

Hegel bringt die Entwicklung des Geistes mit den verschiedenen Menschenaltern in Verbindung. Die Weltgeschichte entwickelt sich von Osten nach Westen. Sie beginnt im Osten, wo die Sonne aufgeht, und endet im Westen, wo sie untergeht. Umgekehrt steigt jedoch im Westen die innere Sonne des Selbstbewusstseins auf, die einen höheren Glanz verbreitet, sagt Hegel. Von der Unbändigkeit des natürlichen Willens zum Allgemeinen und zur subjektiven Freiheit hin ist eine deutliche Veränderung der Weltgeschichte festzustellen.

 

Diese Entwicklung teilt Hegel als grobe Übersicht in mehrere Momente ein: Der Orient erkennt, dass einer frei ist; die Welt der Griechen und Römer erkennt, dass einige frei sind; und die Welt der Germanen erkennt schließlich, dass alle frei sind. Analog dazu teilen sich die Gesellschaftsformen ein in Despotismus, Demokratie und Monarchie (für Hegel ist die konstitutionelle Monarchie die vernünftigste Staatsform).

 

Im Orient beginnend verhält sich der subjektive Wille zunächst als Glaube, Zutrauen und Gehorsam. Die zufälligen Momente der Mitbestimmung drehen sich im Endeffekt doch nur um den einen Herrscher. Er ist das einzelne Subjekt als Substanz, der alles angehört, so dass kein anderes Subjekt sich in seine subjektive Freiheit reflektiert.

 

Das zweite Moment beschreibt die Bildung von Individualitäten. Nun prägen sich das freie Wollen des Individuums und die Vereinigung des sittlichen und subjektiven Willens in den Verlauf der Weltgeschichte ein. Der individuelle Wille des Subjekts steht in der unmittelbaren Sitte und Gewohnheit. Dies ist jedoch noch keine Moralität.

 

Das Reich der Römer ist das Moment der abstrakten Allgemeinheit. Dass Ziel ist, dem allgemeinen Zweck zu dienen, worin das Individuum untergeht. Der Staat beginnt sich abstrakt herauszuheben, an dem die Individuen aber nur ein geringen Anteil haben. Einerseits bedeutet dies die Unterdrückung der Individuen, andererseits die Erschaffung der Persönlichkeit, indem sie rechtliche Personen werden. Diese Veränderung bedeutet jedoch den Verlust ihrer eigentümlichen Lebendigkeit.

 

Somit setzt das vierte Moment der Weltgeschichte ein, nämlich das germanische Reich. Dieses entspricht in der Vergleichung mit Menschenaltern dem Greisenalter, und zwar in Bezug auf den Geist, der dann die vollkommene Reife erhält. Hier muss die geistesverlassene weltliche Macht zunächst gegen die geistliche Macht der Kirche verschwinden.

 

Dann ist der Geist in sich selbst zurückgedrängt. Er besitzt die Fähigkeit, aus dem Prinzip der Weltlichkeit allein das Vernünftige zu realisieren, und zwar in denkender Gestalt. Daher steht der Staat der Kirche gleich, und das Geistige ist dem Staate nicht mehr fremd. Dies ist das Ziel der Weltgeschichte nach Hegel.

 

 

Birgit Sonnek

 

April 2010

 

 

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