Visuelle und verbale
Ausdrucksformen können sich gegenseitig verstärken
von Eimo und Ingrid
Cremer, Birgit Habighorst-Sonnek (2008)
Kann die Kunst uns von
Fremdbestimmung befreien und zu mehr Freiheit verhelfen? Ermöglicht die Philosophie
mehr Demokratie, indem sie bestehende Machtverhältnisse transparent macht?
Können Kunst und Philosophie dazu beitragen, "dass Auschwitz nie wieder
passiert", wie Adorno forderte?
Für Friedrich Schiller war
das vollkommenste aller Kunstwerke der Bau politischer Freiheit. Wahre Freiheit
könne aber nur durch innerlich freie Menschen entstehen, resümierte er. Die
plötzliche Freisetzung von eingeschliffenen Untertanen entfessele nur primitive
Triebe, so hatte er es in der Französischen Revolution beobachtet.
Innerlich unfreie Menschen
handeln nicht nach Vernunftprinzipien, sondern plündern und morden. Deshalb
müsse erst der Charakter veredelt werden, und das Werkzeug dazu sei die Kunst.
Sie solle bewusst gegen Gewalt eingesetzt werden, denn Gewalt erzeuge weitere
Gewalt. Schillers Ziel war eine ästhetische Erziehung der Massen, in der
Triebe, Emotionen und Vernunft zu einer Balance kommen.
Noch heute basiert
Kunsterziehung auf diesem Gedanken. In der künstlerischen Auseinandersetzung
wird die Urteilsfähigkeit geschult, durch das Vergleichen wird man kritischer
und offener. Kunst sensibilisiert das Bewusstsein und übt eine befreiende
Wirkung aus. Im kreativen Prozess wirken intuitiver Spürsinn, unbewusstes
Agieren und bewusste Reflexion ineinander, damit Ideen aus der Tiefe des
Unbewussten die Eindrücke der Außenwelt durchdringen können. Kunst beflügelt
unsere Phantasie für eine Welt, wie sie sein sollte und könnte.
Eimo und Ingrid Cremer sehen
ihre Kunst durchaus politisch und möchten die Menschen zu mehr Mündigkeit
ermutigen. Sie haben auch erkannt, wie wichtig es ist, eine verbale
Interpretation des Kunstwerkes anzubieten, damit die Wirkung nicht beliebig
bleibt. In philosophischen Gesprächen mit Birgit Sonnek kristallisierten sich
ihre Intentionen heraus und mündeten in begleitende Texte, die zusammen mit den
Kunstwerken ausgestellt wurden. Der Erfolg gemeinsamer Aktionen gab ihnen
Recht: Kunst und Philosophie können sich gegenseitig verstärken.