von Birgit
Habighorst-Sonnek und Lydia Weißgerber (2006)
Viele Wege führen in den
Bereich des Unbewussten. Meditative Praktiken wie Yoga und Autogenes Training
ebenso wie Askese und Religiöse Verzückung oder Hypnose, freie Assoziation,
Traumdeutung und Drogen.
C.G. Jung bezeichnete die
auftauchenden Visionen als "Bilder der Seele", im Gegensatz zu den
von Kant postulierten "Kategorien des Denkens". Jungs
"Archetypen" sind Ausdruck jener Inhalte der menschlichen Seele, die
noch keiner bewussten Bearbeitung unterworfen waren. Es handelt sich um
Manifestationen menschlicher Erfahrungen, die endlose Wiederholung in unsere
psychische Konstitution eingeprägt hat, und zwar in Form von Bildern und
Symbolen.
Im Verlauf der
Menschheitsgeschichte dienten sie dazu, die Welt zu verstehen und moralische
Regeln zu festigen. Das innere Drama der Seele wurde nach außen projiziert, wo
es als Naturereignis vom primitiven Bewusstsein erfasst werden konnte. Der
Himmel war bevölkert von Naturgöttern, die stellvertretend für den Menschen
dessen Kämpfe ausfochten und dabei adäquate Verhaltensmuster lieferten.
Das kollektive Unbewusste
enthält Inhalte und Verhaltensweisen, die überall und in allen Individuen die
gleichen sind. Der Mensch, der seinen Sinn vergeblich in der äußeren Welt sucht
und daraus eine Philosophie macht, kann nur durch das Erlebnis symbolischer
Wirklichkeit, repräsentiert in den Archetypen, den Rückweg in jene innere Welt
finden, in der er kein Fremder ist.
Heute werden uns diese
Urbilder aus dem kollektiven Unbewussten in Träumen gewahr, wir treffen sie
auch in Märchen und Mythen wieder. Archetypen sind spontane, vom Willen
unabhängige Erzeugnisse der Seele, die unbewussten Abbilder der Instinkte.
Werden sie bewusst, erscheinen sie als bedeutungsvolle Offenbarungen.
Archetypen sind äußerst energiegeladen. Die freigesetzte Energie wird für
Heilungsprozesse verfügbar.
Wer die Bilder aktiv
visualisieren möchte, verwendet eine der genannten Methoden, um das bewusste
Ich auszuschalten und in den Tiefen des Gehirns dem kollektiven Gedächtnis
nachzuspüren. Man muss sich autosuggestiv in einen tranceähnlichen Zustand
versetzen, um Zugang zu den kollektiven Bewusstseinsprogrammen zu finden.
Im vorliegenden Buch bringen
zwei Frauen ihre archetypischen Visionen zum Ausdruck. Birgit Sonnek beschreibt
ihre meditativen Einsichten verbal, wobei die Worte (zunächst unbeabsichtigt)
einen bestimmten Rhythmus angenommen haben. Lydia Weißgerber offenbart die
Tiefe ihrer Seele in ausdrucksstarken metaphorischen Bildern. Texte und Bilder
sind nicht aufeinander abgestimmt, zeigen aber trotzdem verblüffende
Gemeinsamkeiten.