(aus: Kritik der reinen
Vernunft)
Transzendentalphilosophie
versucht, hinter die Grenzen der Wahrnehmung vorzustoßen und allgemeingültige
Aussagen über die Natur menschlicher Erkenntnis zu formulieren. Kant legt in
seiner Transzendentalphilosophie dar, dass Erkenntnisvorgänge hauptsächlich auf
angeborenen Verstandeskategorien beruhen, während "das Ding an sich"
uns nicht zugänglich sei.
Zum weiteren Verständnis des
Begriffs "transzendental" werden von der Autorin zunächst die
unterschiedlichen Sichtweisen innerhalb der Erkenntnistheorie erläutert. Ein
wesentliches Unterscheidungskriterium zwischen Philosophie und
Naturwissenschaften liegt in der Art ihrer jeweiligen Erkenntnisgewinnung.
Naturwissenschaftler denken
traditionell positiv. Sie setzen meist unhinterfragt die Existenz ihrer Objekte
als real voraus und werden offenbar durch ihren Gegenstand, Physik, Chemie,
Biologie, eigentlich Natur, letztendlich Welt, zu einer solchen Art zu denken
veranlasst.
Da ihre Aufmerksamkeit nach
außen gerichtet ist, treten sie in eine Wechselbeziehung mit den Gegenständen
ihrer Untersuchung ein und lassen diese auf sich zurückwirken. In Experimenten
werden gezielte Fragen an die Natur gestellt und, je nach Geschicklichkeit bei
der Versuchsanordnung, auch Antworten erhalten, die einer Interpretation bedürfen.
Die so gewonnenen Ergebnisse werden durch Falsifikation von
"falschen" Theorien vorläufig verifiziert.
Auf diese Weise werden
Erfahrungen über die Natur gesammelt, die sich scheinbar mosaikartig in ein
Gesamtbild über die Welt einfügen, das zwar unvollständig und durch Paradigmen
und menschliche Erkenntnisstrukturen verzerrt sein mag, aber dennoch Aussagen
über uns zugängliche Objekte enthält, die aufgrund der erforderlichen Handlungsrelevanz
zumindest "richtig" sein müssen.
Menschen sind auf dem Mond
gelandet, weil er sich dort befand, wo sie seine Umlaufbahn errechnet hatten.
Und sie sind in der Lage, Veränderungen an der Erbinformation von Lebewesen
vorzunehmen, weil sie die genetische Codierung allen Lebens entschlüsselt
haben.
Philosophen denken negativ.
Sie sind sich dessen bewusst, dass alle Erfahrungsinhalte als sinnliche Affekte
auf ein entsprechendes Gegenstück im menschlichen Geist stoßen und sich mit
diesem verbinden müssen, um eine Erkenntnis hervorzurufen. Die analytische
Wahrheit dieser Erkenntnis, als Übereinstimmung unseres Denkens über Dinge mit
den Dingen selbst definiert, kann jedoch grundsätzlich nicht bewiesen werden.
Da die philosophische
Aufmerksamkeit nach innen gerichtet ist, betrachtet sie ihren Gegenstand, das
Denken, nicht objektiv, auf empirische Art, sondern durch das Denken selbst.
Auf diese Weise können philosophische Erkenntnisse nur introspektiv und
subjektiv gewonnen werden, und eine allgemeine Gültigkeit dieser Aussagen wird
unterstellt.
Die Eigentümlichkeit der
jeweiligen Art ihrer Erkenntnisgewinnung scheint es mit sich zu bringen, dass
beide Disziplinen, die Philosophie und die Naturwissenschaft, keine Aussagen
über den Gegenstand der jeweils anderen Fachrichtung zu treffen vermögen. Die
Naturwissenschaft kann das Denken nur von außen betrachten und seine Funktionen
untersuchen, in der Gehirnphysiologie beispielsweise. Sie beschäftigt sich aber
nicht mit den Inhalten des Denkens.
Die Philosophie dagegen rezipiert die Welt nur als eine Erscheinung und kann
grundsätzlich nur die subjektiven Erkenntnisstrukturen analysieren und
verallgemeinern, aber keine Aussagen über die Objekte der Welt treffen.
Darüber hinaus ist es beiden
Disziplinen offenbar nicht möglich, ihre Aussagen über den eigenen Gegenstand
zu beweisen Die Naturwissenschaft geht in ihrer Naturerkenntnis zwangsläufig
von einem dynamischen Prozess aus, der aufgrund natürlicher Gesetzmäßigkeiten
unabhängig von uns Menschen abläuft, und die Philosophie muss bei ihrer introspektiven
Betrachtung des Denkens das Denken selbst benutzen und dessen Richtigkeit voraussetzen.
Ungeachtet dieser
grundsätzlichen Einschränkungen ihrer jeweiligen Aussagefähigkeit
repräsentieren jedoch beide Disziplinen je eine Art menschlichen
Erkenntnisgewinns, und es stellt sich die Frage, ob eine gegenseitige
Befruchtung im Sinne einer ganzheitlichen Sicht möglich ist. Kant gilt als der
erste Philosoph, der versuchte, Rationalismus und Empirismus zu vereinen.
Durch Kant werden die
Gesetzmäßigkeiten, die den Naturwissenschaften zugrunde liegen, als menschliche
Denknotwendigkeiten ausgewiesen und auf diese Weise legitimiert.
Er geht in seiner
Transzendentalphilosophie davon aus, dass wir zum Zweck der Erkenntnis die
mannigfaltigen Vorstellungen unserer Wahrnehmung notwendigerweise als in einem
durchgängigen Zusammenhang stehend denken müssen. Dieser Zusammenhang sei uns
aber nicht durch die Erfahrung gegeben, sondern er müsse von einem Ich, das
sich als Einheit begreife, als möglich gedacht und a priori vorausgesetzt werden.
Kant hat zwölf
Funktionsweisen der Einheitsstiftung als Grund für die Einheit der Apperzeption
angegeben: die Kategorien. Aus der Überlegung heraus, dass aus der Reihenfolge
von Erscheinungen selbst keine Ursachen abzuleiten seien, sondern dass dieser
Begriff aus dem Verstand kommen müsse, postuliert Kant die Verstandeskategorie
der Kausalität.
In der Erkenntnis schreibe
der Verstand der Natur ihre Regeln vor. Das Kausalprinzip sei eine solche
allgemeine Regel, nach der wir jedes Ereignis als aus vorhergegangenen
Ereignissen entstanden denken müssten. Damit seien die physikalischen Gesetze,
die nach Kant grundsätzlich auf kausalen Zusammenhängen beruhen, als
apriorische (vor der Erfahrung schon vorhandene) Denknotwendigkeiten
ausgewiesen.
Dagegen gibt Konrad Lorenz
als Vertreter der Evolutionären Erkenntnistheorie zu bedenken, dass die
apriorischen Erkenntniskategorien letztlich nur ein Produkt unserer
stammesgeschichtlichen Erfahrungen seien und deshalb zwar ontogenetisch als apriori (angeboren), phylogenetisch aber als aposteriori (erworben) angesehen werden müssten.
In der
"Transzendentalen Ästhetik" (§ 8) erläutert Kant, wie Wissenschaft,
die auf Anschauungen beruht, überhaupt möglich sei. Alle Anschauung sei nichts
als die Vorstellung von Erscheinung, und die angeschauten Dinge seien an sich
nicht das, wofür sie gehalten würden. Als Erscheinungen könnten sie jedoch
nicht an sich selbst, sondern nur in uns existieren. Ohne die subjektive
Beschaffenheit unserer Sinne würden nicht nur alle Objekte selbst verschwinden,
sondern auch ihre Verhältnisse in Raum und Zeit.
Wir kennten nichts, als
unsere Art, sie wahrzunehmen; die Gegenstände an sich blieben uns völlig
unbekannt. Nur die reinen Formen der Anschauung, Raum und Zeit, könnten a
priori erkannt werden (vor aller Wahrnehmung). Die Materie dagegen, die wir als
Empfindungen rezipierten, "ist das in unserem
Erkenntnis, was da macht, dass sie Erkenntnis a posteriori, d.i. empirische
Anschauung heißt" (B 60).
Selbst eine Perfektionierung
unserer Anschauung bis zum höchsten Grad von Deutlichkeit würde nur eine
vollständige Erkenntnis unserer Sinnlichkeit erbringen; die Dinge jedoch seien
uns nur als Erscheinung gegeben und könnten an sich niemals bekannt werden. Die
Beziehung unserer Vorstellung auf den Gegenstand sei transzendental, das transzendentale
Objekt aber bleibe uns unbekannt, da alle Gegenstände nur Erscheinungen seien
und selbst ihre äußere Gestalt und der Raum, in dem sie sich befinden, bloße
Modifikationen unserer sinnlichen Anschauung seien (B 63).
Auch synthetische
Erkenntnisse a priori (Mathematik) und a posteriori (Physik) würden nur durch
die reinen Anschauungsformen des Raumes und der Zeit ermöglicht. Ohne sie könne
gar nichts Neues erkannt werden, denn sie allein enthielten die Bedingungen a
priori, unter denen Dinge überhaupt äußere Gegenstände für uns sein könnten (B
66).
Zur Bestätigung seiner
Theorie der Idealität von Raum und Zeit und der Identifizierung aller Objekte
als bloße Erscheinungen führt Kant an, dass alles, was zur Anschauung gehöre,
nichts als bloße Verhältnisse enthalte wie Ausdehnung und Bewegung, und darüber
hinaus Gesetze, nach denen die Veränderung bestimmt werde, die er bewegende
Kräfte nennt. Deshalb könne der äußere Sinn (Raum) auch nur das Verhältnis
eines Gegenstandes auf das Subjekt enthalten und nicht das Innere, was dem
Objekt an sich zukomme (B 67, 68).
Ebenso seien im inneren Sinn
(Zeit) nicht nur die Vorstellungen der äußeren Sinne als Stoff enthalten,
sondern die Zeit gehe selbst dem Bewusstsein dieser Vorstellungen in der
Erfahrung voraus und teile sie schon vorher in Verhältnisse des Nacheinander,
Zugleichseins und des Beharrlichen auf.
Naturwissenschaft, die an
dieser Stelle noch als reine Physik definiert wird, erhält somit eine
allgemeine und notwendige Legitimation durch Kants "Auflösung der
allgemeinen Aufgabe der Transzendentalphilosophie: wie sind synthetische Sätze
a priori möglich?", nämlich durch reine Anschauungen a priori, Raum und
Zeit, in denen wir dasjenige anträfen, was dem Begriff entspreche und deshalb
mit ihm synthetisch verbunden werden könne.
Kommentar: Die großen
naturwissenschaftlichen Theorien des vergangenen Jahrhunderts erzielen jedoch
Ergebnisse über grundlegende Begriffe menschlicher Erkenntnis, die nicht mehr
anschaulich sind. Die Relativitätstheorie sagt z.B., dass der Raum gekrümmt sei
und die Zeit relativ zur Bewegung eines einzelnen Objektes schneller oder langsamer
verlaufe. Die Quantentheorie legt die Vorstellung nahe, dass die Zeit nicht
kontinuierlich, sondern in Sprüngen abläuft, wodurch das Kausalprinzip
möglicherweise ganz verworfen werden kann.
Solche Aussagen deuten
darauf hin, dass die Begriffe Raum und Zeit nicht nur als reine
Anschauungsformen a priori anzusehen sind, sondern auf etwas außerhalb
menschlicher Erkenntnisstrukturen existierendes verweisen. In all diesen
empirischen Theorien werden Aussagen über transzendente Gegenstände der Welt
getroffen, die nicht mehr anschaulich sind und die deshalb als objektiv
existierend gedacht werden müssen. Aus diesem Grund reicht eine transzendentale
Begründung der empirischen Wissenschaften nicht mehr aus.
Allerdings reichen Kants
Urteile nicht weiter als auf Gegenstände der Sinne, und ihre Geltung erstreckt
sich nur auf die Objekte möglicher Erfahrung (B 73).
In seiner
"Transzendentalen Deduktion der Kategorien" erläutert Kant des
weiteren, wie die Mannigfaltigkeit der sinnlichen Anschauungen unter die
Einheit der Apperzeption (das "Ich denke", das alle Vorstellungen
begleiten können muss) gebracht werden könne, um einen einheitlichen
Zusammenhang der Vorstellungen zu ermöglichen: nämlich durch die Kategorien. Er
bezeichnet sie als logische Funktionen zu urteilen, durch die uns das
Mannigfaltige überhaupt bewusst werde (B143).
Die entwickelte
Kategorientafel mit zwölf Kategorien wird von ihm als vollständig angesehen,
denn warum der Verstand "nur gerade durch diese Art und Zahl derselben
Einheit der Apperzeption a priori zu Stande bringen" könne, dafür lasse
sich kein Grund angeben (B146).
Diese "reinen
Verstandesbegriffe" könnten jedoch nur auf empirische Anschauungen
angewandt werden, weil sie sich auf die Dinge bezögen, die uns durch die
Wahrnehmung (von Empfindungen begleitete Vorstellung) gegeben seien. Folglich
lieferten die Kategorien keine notwendige Erkenntnis von den Dingen selbst,
sondern dienten nur zur Möglichkeit von Erfahrung. Die Legitimation von Wissenschaft
sei hiermit über eine reine Physik hinaus auf alle Gebiete der
Erfahrungswissenschaften ausgedehnt worden (B148).
Kategorien definiert Kant
als Begriffe, welche den Erscheinungen der Natur Gesetze a priori vorschreiben.
Alle dynamischen Prozesse würden dabei der Kategorie der Ursache zugeordnet,
durch die alles, was geschehe, in der Zeit überhaupt seiner Relation nach
bestimmt werde. Demnach würden Bewegungen als aufeinander folgende Zustände aufgefasst,
die in einer bestimmten Relation der Zeit stehen. Doch in der Zeit, die als
innere Anschauung zugrunde gelegt werde, müsse notwendigerweise eine
synthetische Einheit des Mannigfaltigen vorgestellt werden, ohne die jene
Relation nicht zu einer Anschauung werden könne (B164).
Die erwähnten Gesetze existierten
jedoch nicht in den Erscheinungen, sondern nur relativ im Subjekt, dem die
Erscheinungen inhärierten, genauso wie die
Erscheinungen nicht an sich existierten, sondern nur relativ in demselben
Wesen. Nur Dingen an sich könnten Gesetzmäßigkeiten notwendig zukommen. Doch
Erscheinungen stünden als bloße Vorstellungen unter keinem anderen Gesetz als
dem der Verknüpfung, welches das verknüpfende Vermögen vorschreibe, und das sei
die Einbildungskraft.
Da nun alle mögliche
Wahrnehmung von der empirischen Synthese abhänge und diese von der
transzendentalen Synthese, also den Kategorien, abhängig sei, müssten alle
Erscheinungen der Natur ihrer Verbindung nach unter diesen Kategorien stehen.
Diese bildeten den Grund für die notwendige Gesetzmäßigkeit der Natur als
natura formaliter spectata.
In Bezug auf die Gesetze
einer Natur überhaupt reiche das Verstandesvermögen jedoch nicht aus, um ihr
durch bloße Kategorien Gesetze a priori vorzuschreiben. Auch könnten besondere
Gesetze nicht vollständig davon abgeleitet werden, weil sie empirisch bestimmte
Erscheinungen beträfen. Dazu müsste Erfahrung hinzukommen, die ihrerseits wieder
durch jene Gesetze a priori bestimmt werde.
In Kants
Transzendentalphilosophie sind somit die Prinzipien der Gegenstände der Erfahrung
identisch mit den Prinzipien der Erfahrung selbst. Wahrheit wird transzendental
definiert im Gegensatz zur analytischen Wahrheit, die auf der Übereinstimmung
von Begriff und Gegenstand beruht (B 164,165).
Kategorien sind nach Kant
nur für den empirischen Gebrauch bestimmt. Wegen der notwendigen Vereinigung
allen Bewusstseins in einer ursprünglichen Apperzeption dienen sie dazu, die
Erscheinungen allgemeinen Regeln der Synthese zu unterwerfen (B185).
Erfahrung sei dagegen eine
Synthese der Wahrnehmungen, die selbst nicht in der Wahrnehmung enthalten sei,
denn Wahrnehmungen kämen nur zufällig zu einander. Die Notwendigkeit bei der
Bestimmung von Objekten liege in den Regeln, nach denen Begriffe in der Zeit
miteinander verknüpft würden: den Kategorien. Und diese beruhten letztlich auf
der notwendigen Einheit der Apperzeption (B220).
Die Verknüpfung zweier
Wahrnehmungen in der Zeit erfolge durch die Einbildungskraft. Dabei würden zwei
Zustände als nacheinander vorgestellt. Diese Bestimmung einer Folge geschehe
aber nicht in der Wahrnehmung, sondern die Notwendigkeit solcher empirischen
Erkenntnisse liege im Begriff des Verhältnisses der Ursache und Wirkung. Nur dadurch,
dass wir die Folge der Erscheinungen, die Veränderungen, dem Gesetz der
Kausalität unterwerfen, sei Erfahrung überhaupt möglich (B234).
Es sei aber auch die
Reihenfolge der Erscheinungen festgelegt, nach der nur A auf B folgen könne,
nicht umgekehrt. Diese Ordnung verleihe den aufeinander folgenden Wahrnehmungen
erst die erforderliche Notwendigkeit. Es geschehe immer in Rücksicht auf eine
bestimmte Regel, nach welcher die Erscheinungen in ihrer Folge durch den
vorigen Zustand bestimmt und die subjektive Synthesis der Wahrnehmungen objektiviert
würden: dem Satz vom zureichenden Grund in Ansehung des Verhältnisses der
Erscheinungen in der Reihenfolge der Zeit (B246).
Zwar sei eine anschließende
logische Überprüfung der Ursachenreihe durchaus möglich, aber der Grund für die
Erfahrung liege in der notwendigen synthetischen Einheit aller Wahrnehmungen in
der Zeit. Die Kategorie der Kausalität bewirke also eine Ordnung in unseren
Vorstellungen, in welcher das Gegenwärtige sich auf einen vorhergehenden Zustand
beziehe, so dass die Reihe nicht umgekehrt werden könne.
Daraufhin formuliert Kant
ein Gesetz der empirischen Vorstellung: Die Erscheinungen der Vergangenheit
bestimmten jedes Dasein in der folgenden Zeit. Doch erst der Verstand übertrage
die Zeitordnung auf die Erscheinungen und ihr Dasein, indem er jeder
Erscheinung eine bestimmte Stelle in der Zeit zuerkenne. Die Bestimmung dieser
Stelle könne jedoch nicht von dem Verhältnis der Erscheinungen gegen eine absolute
Zeit entlehnt werden, sondern umgekehrt, die Erscheinungen müssten einander
ihre Stellen in der Zeit selbst bestimmen.
Die Einbildungskraft sei
zwar sukzessiv, aber die Folge selbst könne in ihr nicht bestimmt werden. Die
Synthesis der Wahrnehmungen sei eine Ordnung im Objekt, die eine Zeit
voraussetzen und einer Regel folgen müsse. Wenn die Wahrnehmung überhaupt zur
Erkenntnis eines Geschehens gelangen wolle, so müsse sie ein empirisches Urteil
sein, sonst wäre sie nur ein Traum.
Demnach sei das Verhältnis
der Erscheinungen gleichzeitig das Verhältnis der Ursache zur Wirkung und damit
die Bedingung der objektiven Gültigkeit unserer empirischen Urteile und ihrer
Wahrheit, also der Erfahrung. Und die Zeitfolge sei das einzige empirische
Kriterium der Wirkung in Beziehung auf die Ursache, die jeweils vorhergehe
(B249).
Wie aber überhaupt etwas
verändert werden könne, wie es möglich sei, dass auf einen Zustand ein
entgegengesetzter folgen könne, davon hätten wir a priori nicht den mindesten
Begriff. Hierzu würde die Kenntnis wirklicher Kräfte erfordert, welche nur
empirisch gegeben werden könne. Allein die Form einer Veränderung, ihre Bedingung,
mithin die Sukzession der Zustände selbst (das
Geschehene) könne nach dem Gesetz der Kausalität und den Bedingungen der Zeit a
priori erwogen werden.
Nach Kant ist also
einerseits die Zeit die sinnliche Bedingung a priori von der Möglichkeit eines kontinuierlichen
Fortganges des Existierenden zu dem Folgenden, und andererseits der Verstand
die Bedingung a priori der Möglichkeit einer kontinuierlichen Bestimmung aller
Stellen in dieser Zeit. Diese Bestimmung erfolge durch eine Reihe von Ursachen
und Wirkungen, wodurch die empirische Erkenntnis der Zeitverhältnisse objektiv
gültig werde.
Die transzendentale
Begründung natürlicher Prozesse stützt sich bei Kant hauptsächlich auf die
apriorischen Anschauungsformen des Raumes und der Zeit sowie auf die Verstandeskategorie
der Kausalität.
November 2004
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